Lymphdrainage und Lymphödem: Häufigkeit, Ursachen und Behandlung

Lymphödeme sind Schwellungen, die durch eine gestörte Lymphdrainage verursacht werden und können in verschiedenen Körperteilen auftreten. Sie entstehen durch eine Ansammlung von Lymphflüssigkeit in den Geweben aufgrund einer Störung des Lymphsystems. Am häufigsten sind Arme oder Beine betroffen, aber auch Rumpf, Hals-Kopfbereich oder Genitalbereich können betroffen sein.

Das Lymphsystem dient der Reinigung unseres Organismus und ist ein wichtiger Teil unseres Immunsystems. Es besteht aus Lymphgefässen und Lymphknoten, die schädliche Zellen eliminieren und weisse Blutkörperchen transportieren. Ist das Lymphsystem überlastet, entstehen Schwellungen - das sogenannte Lymphödem.

Das Lymphsystem des menschlichen Körpers

Ursachen von Lymphödemen

Ein chronisches Lymphödem kann angeboren oder erworben sein. Angeborene Lymphödeme sind selten. erworbene, d.h. sekundäre Lymphödeme, treten häufiger nach Lymphknotenausräumungen der Achselhöhle oder Leiste bei Tumorerkrankungen auf.

Es gibt zwei Hauptarten von Lymphödemen: das primäre und das sekundäre Lymphödem, wobei das sekundäre Lymphödem häufiger vorkommt als das primäre.

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Nach jeder Lymphknotenentfernung und/oder Strahlentherapie besteht das Risiko für ein sekundäres Lymphödem. Es kann auch nach Jahren noch entstehen, wenn der umliegende Lymphabfluss überlastet ist.

Symptome eines Lymphödems

Das hauptsächliche Symptom eines primären oder sekundären Lymphödems ist die Anschwellung eines bestimmten Körperteils, typischerweise manifestiert als "geschwollenes Bein" oder "geschwollener Arm". Jedoch können auch andere Regionen wie Bauch, Brust, Genitalien oder der Kopf von Schwellungen betroffen sein.

Zusätzlich zu den Schwellungen können weitere Symptome auftreten, insbesondere bei ausgeprägten Ödemen mit signifikanter Flüssigkeitsansammlung:

Eine mögliche Komplikation von Lymphödemen sind Lymphfisteln, kleine Kanäle durch die Haut an die Hautoberfläche. Im Bereich eines Lymphödems sind häufig auch die Abwehrmechanismen beeinträchtigt, was das Eindringen von Bakterien in kleinste Wunden begünstigt. Dies kann zu schmerzhaften Rötungen führen, die sich ausbreiten und von Fieber begleitet sein können. Solche Hautentzündungen werden als Wundrosen oder Erysipele bezeichnet und erfordern eine sofortige Behandlung mit Antibiotika und ärztliche Konsultation.

Diagnose von Lymphödemen

Die frühzeitige Erkennung eines Lymphödems ist von entscheidender Bedeutung, um durch eine geeignete Therapie die potenziellen gesundheitlichen Komplikationen einer anhaltenden Stauung zu verhindern oder zu minimieren.

Bei der Anamnese (Befragung) fragt der Arzt nach spezifischen Hinweisen wie Operationen, Krebsdiagnosen, Bestrahlungen oder familiärem Lymphödem-Vorkommen. Die klinische Untersuchung erfolgt durch Abtasten der Extremität. Drückt der Arzt mit einem Finger eine Delle ins Gewebe, so bleibt diese bei einem Lymphödem bestehen und füllt sich nur langsam wieder auf.

Ergänzend prüft der Arzt das sogenannte „Stemmer-Zeichen“. Dabei versucht er, an Zehen oder Fingern eine Hautfalte anzuheben. Gelingt dies, ist das Stemmer-Zeichen negativ und wahrscheinlich liegt kein Lymphödem vor. Kann jedoch keine Hautfalte gefasst werden, so ist das Stemmer-Zeichen positiv und weist auf ein Lymphödem hin.

Zu den weiterführenden Untersuchungen zählen Ultraschall, Lymphangiographie, Lymphszintigraphie und auch innovative Methoden wie rekonstruktive 3D-Scans.

Stadien von Lymphödemen

Es werden verschiedene Stadien eines Lymphödems unterschieden, die den Schweregrad der Erkrankung beschreiben:

Die Stadien von Lymphödemen

Behandlung von Lymphödemen

Im Fall eines Lymphödems besteht keine spontane vollständige Genesung. Bei der Behandlung eines Lymphödems können grundsätzlich drei verschiedene Pfeiler unterschieden werden: die konservative, die chirurgische und die medikamentelle Therapie.

Konservative Behandlung

Die klassische Behandlungsmethode und die Basis auch jeder chirurgischen Therapie ist die lymphologische Physiotherapie. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie KPE gilt als etablierte Methode für die Lymphödem-Behandlung. Ziel ist eine möglichst ganzheitliche und funktionelle Rehabilitation: Das Gewebe soll erweichen und so gut als möglich abschwellen.

Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) besteht aus zwei Phasen:

Die Lymphdrainage ist eine spezielle Art der medizinischen Massage. Dabei wird der Transport der Lymphflüssigkeit in den Lymphgefässen durch sanfte Grifftechniken angeregt. Sie wird auch nach schweren orthopädischen Verletzungen oder Operationen angewendet, um Symptome wie Schwellungen und Schmerzen zu reduzieren.

Medizinische Masseur*innen oder Physiotherapeut*innen mit einer speziellen Zusatzausbildung als Lymphtherapeut*in dürfen eine manuelle Lymphdrainage durchführen.

Operative Behandlung

In den letzten Jahren wurden weltweit an vereinzelten Zentren neue operative Verfahren zur Reduktion des Lymphödems entwickelt. Zu diesen neuen Methoden zählen z.B. (Super)Mikrochirurgische Behandlungsmethoden in der Lymphchirurgie umfassen die lymphovenöse Anastomose (LVA) und die vaskularisierte Lymphknotentransplantation (VLNT).

Die operativen Therapien werden in Kombination mit der konservativen Therapie angewendet.

Zwei Hauptansätze bei der operativen Behandlung von Lymphödemen:

Für die Rekonstruktion des Lymphabflusses können die nachfolgend beschriebenen Techniken zum Einsatz kommen. Mit lymphovenöser Anastomose (LVA) neue Abflusswege schaffen. Mittels eines mikrochirurgischen Lymphknotentransfers (VLNT) gesunde Lymphknoten transplantieren.

Medikamentelle Behandlung

Aktuell existieren keine spezifischen Medikamente zur Behandlung von Lymphödemen. Es ist wichtig zu wissen, dass bestimmte Medikamente das Risiko eines Lymphödems erhöhen oder dessen Verschlechterung fördern können. Bei der Einnahme von Medikamenten ist es entscheidend, mit dem behandelnden Arzt zusammenzuarbeiten, um potenzielle Risiken zu bewerten und sicherzustellen, dass die Medikation den individuellen Bedürfnissen entspricht.

Häufigkeit von Lymphödemen

Die Prävalenz von Lymphödemen variiert je nach Studie und untersuchter Population. Generell müssen wir festhalten, dass die Datenlage (auch infolge der geringen Zahl an Studien) teilweise sehr unterschiedlich ist.

Wir haben einige Studien verglichen und präsentieren Ihnen daraus die folgenden Zahlen, hochgerechnet auf 8 Millionen Einwohner der Schweiz:

Diese Zahl ist womöglich stark unterschätzt, denn die Mitgliederdaten der Lymphödem Vereinigung Schweiz weisen deutlich darauf hin, dass primäre Lymphödeme häufiger vorkommen. Das primäre Lymphödem manifestiert sich sehr häufig erst im Jugendalter, sobald der Lymphabfluss nicht mehr ausreichend ist.

Etwa jede achte Frau erhält im Laufe ihres Lebens die Diagnose Brustkrebs, und etwa jede Fünfte entwickelt anschliessend ein brustkrebsassoziiertes Lymphödem (BCRL).

Total sind dies ca. 1'500 Neuerkrankungen pro Jahr alleine aufgrund von Brust- und Unterleibskrebs.

Art des Lymphödems Geschätzte Anzahl Betroffener in der Schweiz (bei 8 Mio. Einwohnern)
Gesamtzahl Betroffener 16'000 - 160'000
Primäres Lymphödem 80 (wahrscheinlich unterschätzt)
Neuerkrankungen durch Brust- und Unterleibskrebs pro Jahr 1'500

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