Manuelle Lymphdrainage: Indikationen, Techniken und Kontraindikationen (inkl. Asthma)

Die manuelle Lymphdrainage (ML) ist eine spezielle Form der Physiotherapie, die darauf abzielt, überschüssige Flüssigkeit, die sich nach Operationen oder Verletzungen im Gewebe ansammeln kann, effektiv abzuleiten. Diese Flüssigkeitsansammlungen können Schwellungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen. Durch sanfte Berührungen und spezielle Grifftechniken wird das Lymphsystem aktiviert und angeregt, die Flüssigkeit abzutransportieren. Die Anwendung dieser Techniken trägt dazu bei, Schwellungen zu reduzieren, Schmerzen zu lindern und das Lymphsystem zu aktivieren.

Geschichte der manuellen Lymphdrainage

In den 1920er Jahren entwickelte der Biologe Dr. Vodder die manuelle Lymphdrainage. Diese wurde in der Folge durch Dr. Asdonk und Dr. Földi zu einer anerkannten und wissenschaftlich untermauerten Therapieform weiter entwickelt. In den 1960er Jahren hat sich diese Therapie, welche von Emil Vodder maßgeblich entwickelt wurde, etabliert und wird seitdem an deutschen Massage- und Krankengymnastikschulen gelehrt. Die Therapeuten sind vornehmlich Masseure und Physiotherapeuten. (Seit dem Jahre 1994 werden Krankengymnasten als Physiotherapeuten bezeichnet.) Die Anwendung ist nur dem Fachpersonal mit der entsprechenden Zusatzausbildung in manueller Lymphdrainage an einem zugelassenen Lehrinstitut erlaubt. Die Zusatzausbildung dauert vier Wochen (etwa 180 Unterrichtseinheiten) und ist in den Richtlinien der IKK festgelegt.

Die Aufgabe des Lymphgefäss-Systems

Damit unser Organismus lebenstüchtig funktioniert, muss der Auf- und Abbau sowie der An- und Abtransport von Stoffen im Gleichgewicht sein. Beim Abtransport von verbrauchten Stoffen spielt dabei das Lymphgefäss-System eine wichtige Rolle. Jede Zelle unseres Körpers benötigt einerseits Nährstoffe und Sauerstoff und gibt anderseits Abfallprodukte ab. Dieser Austausch findet über die Blutkapillaren statt.

Das heisst, das mit Sauerstoff und Nährstoffen angereicherte Blutwasser gelangt ins Gewebe und umspült die Zellen. Die verbrauchten Stoffe werden mit der Gewebeflüssigkeit zu etwa 90 % über die Blutkapillare ins Blut zurück gesaugt. Der Rest verbleibt im Gewebe. Diese, in der Gewebeflüssigkeit bleibenden Rückstände, sind Zelltrümmer, Schadstoffe, Fette und Eiweisse, die nur über das Lymphgefäss-System abtransportiert werden können. Die Flüssigkeit in den Lymphbahnen nennt man Lymphe.

Das Lymphgefäß System durchzieht den ganzen Körper. Dazwischen geschaltet sind die Lymphknoten, die schädliche Stoffe wie Viren, Bakterien und Krebszellen eliminieren. Die Lymphknoten spielen zudem eine wichtige Rolle in Bezug auf das Immunsystem, indem sie Abwehrzellen - die sog. Lymphozyten - bilden. Die so gereinigte Lymphe gelangt über immer grösser werdende Lymphbahnen wieder in den venösen Blutkreislauf zurück.

Wie funktioniert die Manuelle Lymphdrainage?

Die Lymphdrainage ist eine spezielle Form der Physiotherapie, die darauf abzielt, überschüssige Flüssigkeit, die sich nach Operationen oder Verletzungen im Gewebe ansammeln kann, effektiv abzuleiten. Sie kann überall dort angewendet werden, wo sich Gewebeflüssigkeit staut. Ihr Zweck ist es, den Lymphabfluss zu fördern. Die Lymphe ist eine „träge Masse„ und wird mit pumpenden, kreisenden und schöpfenden Griffen bei geringem Druck in Bewegung gesetzt. Weiter hat die manuelle Lymphdrainage eine beruhigende und schmerzlindernde Wirkung und entspannt zudem die Skelettmuskulatur.

Durch verschiedene Grifftechniken soll das Lymphsystem aktiviert werden, indem vor allem die Pumpleistung der Lymphgefäße, genauer der Lymphangione, verbessert wird. Die Frequenz der Lymphangione beträgt unter Ruhebedingungen ca. 10-12 Kontraktionen pro Minute,diese kann auf bis zu 20 gesteigert werden. Der Therapeut erzeugt durch die Griffe mit ihrem wechselnden Druck (Druckphase mit Quer- und Längsdehnung der Haut bzw. Nullphase - nur Hautkontakt wird gehalten) einen Reiz für das Gewebe.

Weitere Wirkungen neben der entödematisierenden sind die sympathikolytische (Patienten werden ruhig, Anregung des Magen-Darm-Traktes), die schmerzlindernde (Mechanismus der Gate-Control-Theory) und die tonussenkende Wirkung auf die Skelettmuskulatur.

Die Druckrichtung ergibt sich aus den von der manuellen Lymphdrainage erreichbaren Lymphgefäßen und muss immer in Richtung Extremitätenwurzel (Arm, Bein) bzw. allgemein zum Terminus (Endstation des Lymphgefäßsystems in der Vereinigung der Vena subclavia und der Vena jugularis interna im Bereich des Schlüsselbeines) zielen. Dadurch wird die Lymphe zu den zentralen großen Lymphstämmen geleitet. Außerdem kann der Therapeut eiweißreiche Ödemflüssigkeit durch das oberflächliche Lymphgefäßsystem, das den Körper wie ein Netz überzieht, über die sogenannten Wasserscheiden von einem gestauten Körperareal in ein gesundes Areal verschieben.

Die vier Grundgriffe nach Vodder, die in Zusammenarbeit mit Günther Wittlinger entwickelt wurden, sind: stehender Kreis, Pumpgriff, Schöpfgriff und Drehgriff, sie werden an die verschiedenen Körperregionen angepasst.

Wann ist eine Lymphdrainage sinnvoll?

Die manuelle Lymphdrainage (ML) ist eine Form der physikalischen Therapien. Ihre Anwendungsgebiete sind breit gefächert. Sie dient vor allem als Ödem- und Entstauungstherapie ödematöser Körperregionen, wie Körperstamm und Extremitäten (Arme und Beine), welche nach Traumata oder Operationen entstehen können. Besonders häufig wird diese Therapie nach einer Tumorbehandlung bzw. die ML ist die geeignete Therapie zur Behandlung lymphostatischer Ödeme, die sich durch ungenügende Transportkapazität der Lymphgefäße bei normaler lymphpflichtiger Last (auch Niedrigvolumeninsuffizienz) kennzeichnen. Darunter fallen angeborene (primäre) sowie sekundäre Lymphödeme.

Weitere Indikationen sind sämtliche orthopädischen und traumatologischen Erkrankungen, die mit einer Schwellung einhergehen (z. B. Verrenkungen, Zerrungen, Verstauchungen, Muskelfaserrisse). In der Narbenbehandlung hat die ML das Ziel der besseren Verschieblichkeit der Narbe sowie die Lymphgefäßneubildung (Lymphangiogenese) im durchtrennten Gewebe. Auch in der Schmerzbekämpfung, auch vor und nach Operationen (z. B. nach Knie- oder Hüfttotalendoprothesen), soll sie helfen, das Gewebe zu entstauen.

Kommt es zu einer Störung des Drainagesystems, zum Beispiel als Folge einer Verletzung oder einer Operation, sammelt sich die Flüssigkeit in den Zellzwischenräumen. Die Lymphdrainage regt den Transport der Lymphe in den Lymphgefäßen an und fördert somit die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten.

Einige Indikationen

Insbesondere nach Operationen können die Stoffwechselsysteme im Körper aus dem Gleichgewicht geraten, wobei das Lymphsystem besonders anfällig für Störungen ist. Wenn das Lymphsystem aus dem Gleichgewicht gerät, kann sich überschüssige Flüssigkeit im Lymphsystem und im Bindegewebe ansammeln. Dies führt oft dazu, dass sich Flüssigkeit unter der Haut staut, Ödeme entstehen und das Knie anschwillt.

Nach einer Knieoperation, wie zum Beispiel dem Einsetzen einer Knie-Endoprothese (Knie-TEP), ist die Region um die Operationsstelle oft stark geschwollen. Diese Schwellung resultiert häufig aus der Ansammlung von Lymphflüssigkeit, die aufgrund der chirurgischen Eingriffe nicht mehr effektiv abfliessen kann. Das Anschwellen kann nicht nur Unbehagen verursachen, sondern auch den Heilungsprozess verlangsamen und die Mobilität des Patienten beeinträchtigen. In solchen Fällen kann die manuelle Lymphdrainage eine wertvolle therapeutische Massnahme darstellen. Durch gezielte Massagegriffe und sanfte Manipulationen wird der Lymphfluss angeregt und die Flüssigkeitsansammlung im Gewebe reduziert.

Die Frage, ab wann eine Lymphdrainage nach einer Knie-OP sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen die Art der Operation, der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten und eventuelle Kontraindikationen. Generell kann eine Lymphdrainage jedoch eine wichtige Rolle in der Rehabilitation nach einer Knie-OP spielen und dazu beitragen, die Genesung zu fördern.

Kontraindikationen

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) sind hierbei genau zu beachten. Man unterscheidet absolute und relative Kontraindikationen:

Diese medizinischen Zustände können die Wirksamkeit der Lymphdrainage beeinträchtigen oder sogar das Risiko von Komplikationen erhöhen. Die ML kann in diesen Fällen etwas abgewandelt bzw.

Zu den Kontraindikationen für die Lymphdrainage gehören unter anderem Malignome (bösartige Geschwüre), Thrombosen, akute Entzündungen, aber auch Schilddrüsenfunktionsstörungen, Asthma oder Hypotonie. Die angestaute Flüssigkeit im Gewebe wird durch die Lymphdrainage abtransportiert und gelangt in den Blutkreislauf. Am Ende wird sie über den Urin ausgeschieden. Es kann so zu einer zusätzlichen Belastung für das Herz-Kreislaufsystem kommen. Daher ist eine ärztliche Abklärung vor der Behandlung sinnvoll.

Weitere Kontraindikationen:

Asthma bronchiale ist eine relative Kontraindikation. Bei Patienten mit Asthma sollte die Lymphdrainage nur nach sorgfältiger Abwägung und gegebenenfalls in abgewandelter Form durchgeführt werden.

Ablauf einer Lymphdrainage-Behandlung

  1. Anamnese: Am Anfang jeder Behandlung ein kurzes Gespräch zwischen PhysiotherapeutIn und Ihnen, die so genannte Anamnese. Dabei erfährt der Physiotherapeut bzw. die Physiotherapeutin alle für die anschliessende Lymphdrainage-Behandlung relevanten Informationen. Bitte bringen Sie die ärztliche Verordnung sowie Operationsberichte, Übergabeberichte, Röntgen, Ultraschall- oder MRT-Berichte mit. Aus diesen Unterlagen erfahren wir zusätzliche, wichtige Informationen.
  2. Untersuchung: Nach der Anamnese erfolgt eine kurze körperliche Untersuchung. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird ein individuell angepasstes Behandlungskonzept erstellt.
  3. Lagerung: Anschliessend werden Sie bequem gelagert. Je nach Körperregion, die behandelt wird erfolgt dies in Bauch-, Rücken- oder Seitenlage. Sie liegen auf einer gepolsterten, modernen und multifunktionalen Behandlungsliege, welche genau an Ihre Bedürfnisse angepasst werden kann. In bestimmten Situationen kann auch aus einer sitzenden Position behandelt werden.
  4. Behandlung: Nun beginnt die manuelle Lymphdrainage. Behandelt wird in direktem Hautkontakt - ohne Verwendung von Öl oder Massagecrème. Mit speziellen Griffen wird die Lymphflüssigkeit in den Lymphgefässen in Richtung Körpermitte geschoben (= drainiert). Sie erfolgen sanft und rhythmisch und dürfen keine Schmerzen verursachen, da sich sonst die Lymphgefässe reaktiv verschliessen. Die Grifftechniken kommen klein- oder grossflächig, kreisend oder pumpend, oberflächlich oder tiefgehend zum Einsatz.
  5. Bandagierung: Nach der manuellen Lymphdrainage macht es oft Sinn die behandelten Beine oder Arme mit elastischen Kompressions-Bandagen zu bandagieren. Dies unterstützt den entstauenden Effekt der durch die manuelle Behandlung erzielt wurde und lässt diesen länger anhalten. Eine Bandagierung ist jedoch nicht immer nötig bzw. indiziert.

Lymphdrainage während der Schwangerschaft

Durch das heranwachsende Kind, welches immer grösser und schwerer wird, können die Venen und Lymphgefässe im Beckenbereich während der Schwangerschaft eingeengt werden. Dadurch wird der natürliche Abtransport von Flüssigkeit aus den Beinen gehemmt und es kommt zu einem Rückstau und sogenannter Wassereinlagerung im Gewebe: Beine und Füsse schwellen an.

Die manuelle Lymphdrainage, wie sie von diplomierten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten praktiziert wird, kann in solchen Fällen viel bewirken. Durch die manuellen Techniken wird der Rückfluss der im Gewebe eingelagerten Flüssigkeit gefördert und unterstützt.

Fortgeschrittene Lymphdrainage mit osteopathischem Konzept

Im sich ständig weiterentwickelnden Bereich der integrativen Gesundheitsversorgung ist die Kombination von Lymphdrainage-Therapie mit osteopathischen Konzepten ein fortschrittlicher Ansatz, der eine ganzheitliche Behandlung anstrebt. Bei Physio Dynamics könnten Sie möglicherweise diese fortgeschrittene Form der Therapie anbieten, die die Vorteile beider Disziplinen in einen umfassenderen Patientenbehandlungsplan integriert.

Der Ansatz:

Häufige Fragen zur Lymphdrainage (FAQ)

Wie fühlt sich die Behandlung an?

Die Behandlung ist sanft, angenehm und schmerzfrei.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen kommt es nur äusserst selten zu Nebenwirkungen nach einer Lymphdrainage. Die Griffe werden immer sanft und behutsam ausgeführt, sodass für Sie kein Risiko besteht.

Wer übernimmt die Kosten?

Mit einer ärztlichen Verordnung für Physiotherapie übernimmt die Krankenkasse (Grundversicherung) bzw. die Unfallversicherung die Behandlungskosten für Lymphdrainage. Ohne ärztliche Verordnung werden Ihnen die anfallenden Kosten in Rechnung gestellt: es gelten die aktuellen Preise.

Ist eine Abrechnung über die Zusatzversicherung möglich?

In einigen Fällen übernimmt die Zusatzversicherung die Kosten für Lymphdrainage (weitere Infos).

Ist diese Therapie für jedes Alter geeignet?

Die Lymphdrainage-Therapie gilt im Allgemeinen als eine sanfte und nicht-invasive Behandlung, die auf eine breite Altersspanne angewendet werden kann, von Säuglingen bis hin zu älteren Menschen.

Zusammenfassung

Die Lymphdrainage ist eine wertvolle Therapie zur Behandlung von Ödemen und Lymphödemen. Es ist jedoch wichtig, die Kontraindikationen zu beachten und die Behandlung nur von qualifiziertem Fachpersonal durchführen zu lassen. Bei Asthma bronchiale ist eine sorgfältige Abwägung und gegebenenfalls eine Anpassung der Behandlung erforderlich.

In Deutschland und Österreich ist Lymphdrainage weit verbreitet. Unsere geschulten Therapeut*innen garantieren eine professionelle Behandlung nach neuesten Standards.

Manuelle Lymphdrainage

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