Massage bei MS-Patienten: Linderung und Verbesserung der Lebensqualität

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem die Nerven und deren schützende Myelinschicht angreift. Dies führt zu einer gestörten Informationsübertragung zwischen Gehirn und Körper. In der Schweiz sind ca. 15'000 Menschen von MS betroffen, weltweit etwa 2.5 Millionen. Die Symptome sind sehr vielfältig und individuell, was die Krankheit auch als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bekannt macht.

Was ist MS? (Quelle: msges.ch)

Die Rolle der Physiotherapie bei MS

Ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von MS ist die Physiotherapie. Sie zielt darauf ab, die Beweglichkeit und motorischen Fähigkeiten der Patienten möglichst lange zu erhalten, die regenerativen Fähigkeiten des Körpers zu unterstützen und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Die Physiotherapie wird oft erst verschrieben, wenn MS-Betroffene bereits sichtbare Schwierigkeiten beim Gehen oder anderen körperlichen Aktivitäten aufweisen. Schade eigentlich, denn Physiotherapie ist schon im frühen Stadium der MS sinnvoll, wenn Betroffene noch wenig Anzeichen der Krankheit wahrnehmen.

Frühzeitige Physiotherapie

Ein wichtiger Ansatz in der frühzeitigen Physiotherapie ist die Beratung und Instruktion von Betroffenen. Untersuchungen haben gezeigt, dass MS-Betroffene oft nicht wissen, mit welcher Häufigkeit und in welcher Form Sport und körperliche Aktivität trotz MS durchgeführt werden können. Es gibt heute eine Vielzahl von Studien, die positive Auswirkungen von regelmässigem Training auf die MS-Fatigue und die Gangsicherheit, aber auch auf kognitive Fähigkeiten und depressive Verstimmungen nachweisen können.

Zur frühzeitigen Physiotherapie gehört auch die Auswahl und Instruktion von geeigneten Übungen ohne Trainingsgeräte, die Betroffene gut in den Alltag integrieren können. Die Übungen helfen, unerwünschten Muskelverspannungen sowie Muskelabschwächungen entgegenzuwirken. Auch hier gilt: je früher, desto besser!

Ein Beispiel für eine solche Übung ist der "Bodenmagnet", der die Fussmuskulatur stärkt und die Gangsicherheit verbessert. Nach einer guten Instruktion von angepassten Eigenübungen ist Physiotherapie bei MS-Patienten mit wenig körperlichen Beeinträchtigungen nicht wöchentlich notwendig. Eine Kontrolle der erlernten Übungen in grösseren Zeitabständen ist aber empfehlenswert.

Physiotherapie bei fortschreitender Behinderung

Mit zunehmendem Behinderungsgrad können aktive Bewegungsübungen deutlich erschwert oder gar verunmöglicht werden. Wegweisend für die Therapie, die dann nötig wird, sind die im Vordergrund stehenden Symptome wie Spastizität, Muskelschwäche, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen. Selbstverständlich wird in der Physiotherapie nicht nur auf Gehschwierigkeiten, sondern auch auf Schwierigkeiten beim Bewegen von Armen und Händen eingegangen, wobei die Behandlungsmassnahmen laufend den Bedürfnissen angepasst werden. So unterschiedlich die Symptomatik der MS sein kann, so unterschiedlich sind auch die von den Therapeuten ausgewählten Behandlungsmethoden.

Es haben sich auch spezialisierte Physiotherapiemethoden, wie beispielsweise die Behandlung von Blasen- und Darmschwächen, die Schmerztherapie oder die «Hippotherapie-K» entwickelt. Es ist möglich, dass MS-Betroffene zusätzlich eine dieser Spezialtherapien benötigen.

Um trotz fortschreitender Behinderung die bestmögliche Selbständigkeit zu bewahren, ist die Abklärung geeigneter Hilfsmittel und entsprechende Beratung ein weiterer wichtiger Behandlungsansatz der Physiotherapie. Die Therapeutin oder der Therapeut erkennt frühzeitig den Nutzen eines erforderlichen Hilfsmittels (beispielsweise eine Fusshebeschiene), informiert den Patienten über Auswahlmöglichkeiten und hilft bei Bedarf auch bei der Anschaffung.

Ein wichtiger, oft unterschätzter Wert der Physiotherapie ist zudem die Begleitung von Betroffenen. Durch die Regelmässigkeit der Therapie kann ein spezielles Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut und Patient aufgebaut werden. Viele Patienten schätzen es sehr, bei Fragen oder Unsicherheiten eine vertraute Physiotherapeutin als Ansprechpartnerin zu haben.

Die Bedeutung der Massage bei Spastik

Spastik ist ein Symptom, das durch eine erhöhte Muskelspannung gekennzeichnet ist und bei verschiedenen Krankheitsbildern auftreten kann, darunter Multiple Sklerose, Schlaganfall und Zerebralparese. Die erhöhte Muskelspannung kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die von leichter Muskelsteifheit bis hin zu schweren, schmerzhaften Muskelkrämpfen reichen. Die Massage zur Linderung der Spastik ist darauf ausgerichtet, die Muskulatur gezielt zu lockern und die Beweglichkeit zu verbessern. Mithilfe spezieller Techniken setzt der Therapeut gezielte Dehnungen und Entspannungstechniken ein, um die Muskeln zu mobilisieren.

Techniken der Massage zur Linderung von Spastik

Es gibt eine Vielzahl von Techniken, die in einer Massage zur Linderung der Spastik angewendet werden können:

Der exakte Behandlungsverlauf kann je nach Patient variieren und richtet sich nach den individuellen Symptomen sowie den Bedürfnissen der betroffenen Person. Im Allgemeinen beinhaltet der Therapieprozess eine Serie von Sitzungen, während derer unterschiedliche Techniken angewendet werden, um die Symptome der Spastik gezielt zu lindern. Durch diese individuelle Herangehensweise wird sichergestellt, dass die Therapie den Anforderungen jedes Einzelnen gerecht wird. Die Serie von Sitzungen ermöglicht es ausserdem, Fortschritte zu überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, um noch bessere Ergebnisse zu erzielen.

Die Effektivität einer Massage zur Linderung der Spastik kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Einige Patienten berichten von einer deutlichen Verbesserung ihrer Symptome, während andere nur eine geringe Linderung erfahren. Wie bei jeder Therapieform gibt es auch bei der Massage zur Linderung der Spastik potenzielle Nebenwirkungen. Dazu zählen unter anderem leichte Schmerzen während der Behandlung sowie meist harmlose Blutergüsse und Müdigkeit im Anschluss. Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Therapeuten über alle potenziellen Risiken und Nebenwirkungen sprechen, bevor Sie mit der Behandlung beginnen.

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Trainingsempfehlungen für MS-Patienten

MS-Patienten vertragen gezieltes Ausdauertraining gut. Zusätzlich wirkt es aber positiv auf Müdigkeit, Lebensqualität, Stimmung und körperliche Leistungsfähigkeit. Forscher haben darauffolgend unterschiedliche Trainingsformen auf körperliche Leistungsfähigkeit, MS-Symptomatik, Krankheitsfortlauf, Lebensqualität und Stimmung untersucht. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend haben Expertengruppen und nationale MS-Gesellschaften Empfehlungen publiziert.

Die darin empfohlene Dauer und Intensität des Trainings variieren allerdings stark. Dies, weil sie vom Behinderungsgrad und Trainingszustand abhängig sind. Jeder MS-Patient weist andere Symptome und Probleme auf - beim einen steht die fehlende Kraft im Vordergrund, beim anderen das fehlende Gleichgewicht. Fachliche Betreuung durch Neurologen und Physiotherapeuten vor und während dem Training ist deshalb besonders wichtig.

Generell werden zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche mit einer Dauer von 10 bis 40 Minuten am Fahrrad-Ergometer, Crosstrainer oder Laufband (Gehen) empfohlen. Rennen, Rudern und Fahrradfahren ist nur bei MS-Patienten mit geringem Behinderungsgrad möglich. Die Intensität sollte zwischen 60 und 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen. Besonders zu Beginn sollten Trainingsmaschinen den freien Gewichten vorgezogen werden. Für das Training zu Hause eignen sich elastische Bänder sowie Übungen, die das eigene Körpergewicht für das Krafttraining nutzen (Liegestütz, Kniebeugen et cetera).

Das Trainingsprogramm sollte alle großen Muskelgruppen mit ein bis vier Trainingseinheiten zu je acht bis 15 Wiederholungen beinhalten.

Physiotherapie für MS-Patienten (Quelle: physiotherapie-halter.ch)

Spezialisierte Physiotherapie für MS

Das Krankheitsbild der MS ist komplex, ihre Symptomatik sehr unterschiedlich. Deshalb braucht es Erfahrung und Spezialwissen seitens der durchführenden Physiotherapeuten. Vor 15 Jahren wurde deshalb die Fachgruppe «Physiotherapie bei Multipler Sklerose» gegründet, die sich aktiv für die Weiterbildung von Physiotherapeutinnen und -therapeuten im Themenbereich der MS einsetzt. Seit 2003 wird in der Schweiz ein Zertifikatskurs zur MS-Therapeutin bzw. zum MS-Therapeut angeboten. 2012 wurde die Ausbildung als Studiengang an der Universität Basel aufgenommen.

Um MS-Patienten bzw. ihre verordnenden Ärzte und Ärztinnen auf der Suche nach qualifizierten Fachleuten zu unterstützen, führt die Fachgruppe auf ihrer Homepage www.fpms.ch eine Liste von Physiotherapeutinnen und -therapeuten in der Schweiz, die in der Behandlung von MS-Patienten speziell qualifiziert sind.

Die Fachgruppe «Physiotherapie bei MS»

Die Fachgruppe «Physiotherapie bei MS» feierte im Jahr 2017 ihr 15-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass fand am Welt MS Tag vom 31. Mai 2017 schweizweit ein «Tag der offenen Türe» statt, an dem Physiotherapiepraxen und Kliniken einen Einblick ermöglichten. MS-Betroffenen und Angehörigen wurde damit die Möglichkeit geboten, sich über die spezifische MS-Physiotherapie vor Ort zu informieren und konkrete Fragen stellen zu können.

Die Fachgruppe hat zum Jubiläum 15 ausgewählte Eigenübungen ausgearbeitet und verfilmt. Dank grosszügiger finanzieller Unterstützung der MS-Gesellschaft sind die Videos mit den Übungen für den Alltag auf der neu überarbeiteten Homepage der FPMS jederzeit rasch und unkompliziert abrufbar.

Finanzierung der Physiotherapie bei MS in der Schweiz

In der Schweiz wird Physiotherapie für Multiple-Sklerose-Patienten von der Krankenversicherung übernommen, sofern sie ärztlich verordnet ist. Eine Standardverordnung umfasst in der Regel neun Sitzungen. Nach insgesamt 36 Sitzungen prüft der Vertrauensarzt der Krankenkasse die Notwendigkeit einer Fortsetzung der Therapie und entscheidet über die weitere Kostenübernahme. Es gibt keine generelle Dauerverordnung für Physiotherapie bei MS-Patienten. Die Fortführung der Therapie über die initialen 36 Sitzungen hinaus erfordert eine erneute ärztliche Beurteilung und Genehmigung durch die Krankenkasse.

Die Behandlung der Multiplen Sklerose mit Hilfe von Physiotherapie kommt ein hoher Stellenwert zu. Die Therapie kann dabei helfen, die Beweglichkeit und motorischen Fähigkeiten der Patienten möglichst lange zu erhalten. Sie unterstützt die regenerativen Fähigkeiten des menschlichen Körpers und bremst somit den Krankheitsverlauf.

Da sich MS bei jedem Menschen anders zeigt, bieten wir eine Physiotherapie für MS-Patienten, die individuell auf Ihre Beschwerden abgestimmt ist. Dabei setzen wir auf eine Stabilisierung des Gangbilds, Schmerzreduktion, die Verbesserung der Beweglichkeit oder Unterstützung im Alltag. Die Umsetzung erfolgt über gezielte Übungen, neurophysiologische Ansätze (z. B. Bobath-Konzept) und Entspannungstechniken.

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