Lipödem und Schmerzen nach Lymphdrainage: Ein umfassender Überblick

Das Lipödem ist eine chronische und oft schmerzhafte Fettverteilungsstörung, die hauptsächlich Frauen betrifft. Dabei kommt es zu einer symmetrischen Ansammlung von Fettgewebe und Flüssigkeit in der Unterhaut, vor allem an den Beinen (70%) und manchmal auch an den Armen (30%). Das Lipödem ist eine sogenannte klinische Diagnose, es gibt keine apparativen und laborchemischen Möglichkeiten der Diagnosestellung. Anfangs erfolgt eine Anamnese und körperliche Untersuchung durch die Ärztin oder Arzt.

Lipödem: Nicht dick, sondern krank I Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Häufig fühlen sich Patientinnen nicht ernst genommen in ihren Bemühungen und leiden unter der Voreingenommenheit, die Teile der Gesellschaft adipösen Menschen gegenüber haben. Das führt in Kombination mit Mobilitätsschwierigkeiten oft zu seelischem Stress und kann nachfolgend auch eine Depression auslösen. Die Diagnose Lipödem wirkt da wie eine Befreiung. Ziel ist es insbesondere, den Erkrankten ihre Lebensqualität zurückzugeben.

Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie können helfen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und die täglichen Beschwerden zu lindern. Aufgrund aktuell publizierter Empfehlungen zur Therapie des Lipödems, möchten wir die Erkrankung mit diesem Blogbeitrag näher vorstellen. Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e.V. (DGPL) und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachgesellschaften und Patientenorganisationen, wurde Ende Februar 2024 eine angepasste Therapieleitlinie für Betroffene mit der Diagnose Lipödem herausgegeben.

Ursachen und Symptome des Lipödems

Über die eigentlichen Ursachen ist nicht viel bekannt. Auffällig sind die Zeitpunkte hormoneller Veränderungen, an denen Frauen die entsprechenden Gewebsveränderungen bemerken. Bei manchen beginnt es bereits mit der Pubertät, andere trifft es mit der ersten Schwangerschaft und die letzte Gruppe erst in der Menopause.

Es wird unter anderem geklärt, wie lange die Fettablagerungen vorhanden sind und ob mittels ausgewogener Ernährung und regelmässiger Bewegung bzw. Sport diese beeinflusst werden konnten. Typischerweise lässt sich ein Lipödem nicht eindrücken. Jeder manuelle Druck löst dazu noch einen Schmerz aus. Lipödem-typisch wird der Schmerz auf der Aussenseite des Beins stärker empfunden als der auf Innenseite.

Das Lipödem wird in verschiedene Stadien unterteilt:

  1. Stadium 1: In der Unterhaut ist das Fettgewebe noch gleichmässig verteilt und von aussen kaum wahrnehmbar.
  2. Stadium 3: In der Unterhaut kommt es zu einer Bindegewebsvermehrung und die Haut verhärtet sich.

Bei dieser Stadieneinteilung gilt es zu beachten und relativierend einzuschränken, dass es sich hierbei nur um die Einteilung sichtbarer Veränderungen handelt und die individuellen Beschwerden (z.B. Schmerzen) bzw. grundsätzlich kann man einem Lipödem nicht vorbeugen. Der Verlauf eines Lipödems geschieht in der Regel über viele Jahre und ist anfangs kaum als solches zu erkennen. Wird ein Lipödem erstmals vermutet bzw.

Ein Lipödem tritt in der Regel beidseitig auf, wobei Hände und Füsse nicht betroffen sind. Betroffene empfinden bei Druck und / oder Berührung Schmerzen und neigen zu Blutergüssen im betroffenen Körperbereich. Bei beiden Krankheitsbildern besteht ein Schweregefühl und mit Zunahme der Schwellung treten Bewegungseinschränkungen der betroffenen Extremitäten auf, die Aktivitäten des täglichen Lebens können teilweise erheblich eingeschränkt sein.

In der Folge wird das Fettgewebe nur ungenügend mit Sauerstoff versorgt. Dadurch werden Zellen angelockt, die eine Entzündung auslösen. Durch die Vermehrung der Fettzellen kommt es im Gewebe zu entzündlichen Reaktionen, die Schmerzen verursachen. Zudem verschlechtert sich die Sauerstoffzufuhr, weil Blutgefässe sich langsamer bilden als Fettzellen. Das führt zu einer Unterversorgung, die Schmerzen begünstigt.

Lipödem-Patienten/-innen leiden häufig auch psychisch. Es ist nicht leicht, sich mit dem Erscheinungsbild auseinanderzusetzen. Die chronischen Schmerzen können zusätzlich eine starke Belastung darstellen. Diese dumpfen, drückenden Beschwerden nehmen meistens im Laufe des Tages zu und werden durch langes Sitzen oder Stehen intensiviert.

Komplizierend kann es bei starkem Übergewicht zusätzlich zu einem Lymphödem kommen. Dabei entsteht im betroffenen Bereich (z. B. im Bein)eine Schwellung, weil die Lymphe nicht mehr abtransportiert wird. Ein Lymphödem ist progredient, weist also einen zunehmend schweren Verlauf auf, und das Gewebe verhärtet sich. Später wird die lokale Immunabwehr geschwächt, wodurch die Entzündungsgefahr steigt.

Es stellen sich dann drei Probleme: Lipödem-Syndrom, Adipositas und Lymphödem. Alle drei Erkrankungen müssen behandelt werden.

Behandlungsmöglichkeiten des Lipödems

Lipödeme sind leider nicht heilbar, da ihre Ursachen unbekannt sind. Deswegen dienen die Behandlungsmöglichkeiten hauptsächlich der Linderung der Symptome. Allerdings ist die Reduktion des Umfangs der Beine oder Arme möglich. Im ersten Stadium ist eine Behandlung in der Regel nicht notwendig, weil die Fettansammlung im Bindegewebe noch schmerzlos und unsichtbar ist. Daher beginnt die Behandlung eines Lipödems meistens ab dem 2. Wichtig ist zu versuchen, das betroffene Gewebe von den Wasseransammlungen zu entstauen.

Die passende Therapieform hängt vom individuellen Stadium, den Beschwerden und dem persönlichen Lebensstil ab. Während in frühen Stadien konservative Massnahmen wie Kompression und Lymphdrainage Linderung verschaffen können, ist in fortgeschrittenen Fällen häufig eine Liposuktion notwendig, um das krankhafte Fettgewebe dauerhaft zu entfernen.

Eine ausgewogene, entzündungshemmende Ernährung, regelmässige Bewegung (z. B. Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking), konsequentes Tragen von Kompressionskleidung und achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper unterstützen jede Therapieform.

Manuelle Lymphdrainage

Die manuelle Lymphdrainage sollte ein- bis zweimal pro Woche angewendet werden. Dabei streicht eine medizinische Masseurin oder ein medizinischer Masseur sanft mit den Fingern die Haut im Verlauf der Lymphbahnen. Dabei werden Flüssigkeiten zwischen den Zellen in Richtung Lymphbahnen verschoben und die Entstauung angeregt. Diese Behandlung aktiviert die Lymphbahnen dazu, auch nicht verschobene Flüssigkeit besser abzuleiten. Das hat für die Betroffenen auch einen beruhigenden und schmerzlindernden Effekt, ist aber zeitaufwändig.

Sie fördert den Abfluss der Lymphe, indem sie die Aktivität der Lymphgefässe stimuliert, was zu einem schnelleren Transport der Gewebeflüssigkeit führt. Während der Lymphdrainage werden die betroffenen Körperstellen mit sanften, kreisenden Bewegungen massiert, im Gegensatz zu den stärkeren Griffen einer traditionellen Massage. Diese Entstauungstherapie kann vorübergehend den Umfang der behandelten Körperstellen verringern und oft auch die Schmerzen lindern.

Die manuelle Lymphdrainage - auch MLD oder Entstauungstherapie genannt - ist eine sanfte Massage, welche den natürlichen Abfluss der Lymphflüssigkeit im Körper unterstützt. Im Normalfall führt der Körper diesen Prozess selbst durch um Giftstoffe, Fette, abgestorbene Zellen und überschüssige Proteine herauszufiltern. Das Lipödem kann das Lymphgefässsystem belasten, was die Transportkapazität beeinflusst und zu einer Flüssigkeitsansammlung im Gewebe führen kann.

Beim Lipödem kann die Lymphdrainagen-Massage den Lymphfluss anregen und hilft, Ödeme (Flüssigkeitsansammlungen) zu reduzieren. Die Massage hilft auch dabei, Schmerzen und Unwohlsein zu lindern. Die Behandlung beim Lipödem ist von Patientin zu Patientin verschieden. Es kann sein, dass sich sehr viel Wasser im Gewebe gestaut hat, welches abtransportiert werden muss. Die betroffenen Bereiche werden mit sanften kreisenden Bewegungen leicht massiert, um den Abtransport der überschüssigen Flüssigkeit zu unterstützen. Mit Griff-, Entspannungs- und Drucktechnik wird versucht, der Fluss der Lymphen zu aktivieren. Die manuelle Lymphdrainage hilft vielen Patientinnen erfolgreich als Teil-Behandlung zur Linderung von unangenehmen Symptomen.

Auf dem Bild erkennen Sie, wie die Leiste schon entstaut ist, sprich die Lymphknoten geöffnet sind. Auch sieht man zwischen den Beinen, dass sich das Volumen minimiert hat. Patientinnen, die an einer Lymphknotenentzündung oder an Herzinsuffizienz leiden, sollten eine alternative Behandlungsmethode für das Lipödem suchen. Ebenso Patientinnen, die unter übermässigen Schmerzen infolge eines Lipödems leiden.

Weitläufig verbreitet ist die Annahme, dass die Manuelle Lymphdrainage die Therapie der Wahl für das Lipödem sei. Diese sanfte und angenehme Anwendung ist zwar sehr beliebt, aber keine allgemein empfehlenswerte Therapie für Lipödempatient:innen.

Studien zeigen, dass Manuelle Lymphdrainage allein keine langfristigen Verbesserungen bei Lipödemen bringt. Eine umfangreichere Therapie wie die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE), die auch Bewegungstherapie und Ernährungsberatung einbezieht, wird empfohlen.

Kompressionstherapie

Das Tragen von medizinischer Kompressionskleidung ist eine der Grundlagen in der Behandlung des Lipödems. Sie kann die Lymphdrainage unterstützen, Schwellungen reduzieren und die Silhouette der betroffenen Gliedmassen verbessern. Jedoch bringt eine Kompression nicht bei allen Patientinnen den gewünschten Effekt oder verursacht sogar Probleme.

Die Kompressionstherapie sollte - vor allem bei zu erwartender Umfangsreduktion unter entstauenden Massnahmen - in der initialen Entstauungsphase mit Verbänden, in der Erhaltungsphase mit Kompressionsstrümpfen erfolgen. In der Mehrzahl der Fälle ist aufgrund der Extremitätenform und der Gewebebeschaffenheit eine Massanfertigung der Komressionsstrümpfe erforderlich (sogenannte Flachstrickstrümpfe).

Die speziell für Sie angefertigte Kompressionskleidung entspricht bei Lipödem einer Flachstrick-Kompression der Druckklasse II. Diese Kompressionskleidung erhöht den Druck im Gewebe, was dazu beiträgt, dass weniger Flüssigkeit aus den Blutkapillaren ins umliegende Gewebe austritt. Weiterhin unterstützt sie die Funktion der Lymphklappen und verbessert die Strömungsverhältnisse in den Lymphgefässen. Der Druck hilft auch, bestehende Ödeme gleichmässiger zu verteilen und fördert so den Abfluss der Lymphflüssigkeit aus dem Bindegewebe.

Die Kompressionsbekleidung wird individuell nach Ihren Massen in einem Sanitätshaus gefertigt und kann in Form von Strumpfhosen, Strümpfen, Armstrümpfen oder Bolerojacken gewählt werden.

Bei der Kompressionstherapie steht nicht die Formgebung oder Reduktion des Lipödems im Vordergrund, sondern die Schmerzreduktion und Senkung der Hämatomhäufigkeit. Die Ergebnisse einer Studie von Czerwińska et al. (2023) deuten darauf hin, dass eine Kompressionstherapie, in Verbindung mit gezielter Bewegung, zu einer verbesserten Lebensqualität führen kann.

Kompressionsware haben einen anti-inflammatorischen Effekt (sind entzündungshemmend) und fördern den Lymph- und Venenfluss. Die flachgestrickte Kompression ist aufgrund des Massageeffektes zu bevorzugen. Fernsehen oder bei anderen entspannten Momenten tragen.

Liposuktion

Für die operative Reduktion des krankhaften Unterhautfettgewebes an Beinen und Armen wird die Liposuktion (Fettabsaugung) eingesetzt. Die Liposuktion wird in örtlicher Betäubung mittels Tumeszenz‐Lokalanästhesie (TLA), das heisst in Form der wet technique mit stumpfen Mikrosonden durchgeführt. Dabei können unterstützende Techniken wie Vibration oder Wasserstrahl eingesetzt werden.

Diskutiert wird, wie nachhaltig diese Behandlung tatsächlich ist, denn der Körper tendiert dazu, das verlorene Fett erneut zu produzieren. Mögliche Komplikationen des Eingriffs sind Schwellungen, Nachblutungen, Kreislaufprobleme und Blutergüsse. Selten führt die Fettabsaugung zu Infektionen, Falten, Dellen und Taubheitsgefühlen.

Es gibt die Möglichkeit der operativen Entfernung der Fettzellen durch eine "Liposuction". Diese OP wird ambulant und stationär durchgeführt. Allerdings gilt es zu bedenken, dass sich die Fettzellen neu bilden werden, speziell wenn die Themen Ernährung und Bewegung zu wenig Beachtung erfahren.

Die Liposuktion gilt als einzig wirksame Methode, um die krankhaften Fettzellen dauerhaft zu entfernen.

Weitere unterstützende Maßnahmen

Obwohl Lipödeme nicht auf Gewichtsabnahme reagieren, ist es wichtig, das Gewicht normal und stabil zu halten. Sind Sie normalgewichtig und ernähren sich weiterhin abwechslungsreich und gesund sollten Sie versuchen, am besten Ihr Gewicht zu halten. Sind Sie übergewichtig, ist es sinnvoll abzunehmen.

Unter den sportlichen Aktivitäten erscheinen solche im Wasser als besonders effektiv (Schwimmen, Aqua‐Jogging, Aqua‐Aerobic, Aqua‐Cycling), da durch den Auftrieb die Gelenke entlastet, durch den Wasserdruck eine Lymphdrainage bewirkt und durch Bewegung gegen den Wasserwiderstand Kalorien verbraucht werden.

Sport spielt eine entscheidende Rolle im Lipödem-Management, da er nicht nur die körperliche Mobilität unterstützt, sondern auch zur allgemeinen Gesundheit beiträgt und begleitendes Übergewicht kontrolliert. Regelmässige physische Aktivität kann Ihnen dabei helfen, die Symptome des Lipödems zu lindern, indem sie die Durchblutung fördert und den Lymphfluss verbessert.

Allgemein sollten Sie eine ausgewogene Kost verfolgen, die Ihnen dabei hilft, das Körpergewicht zu kontrollieren und Ihr Wohlbefinden im Alltag zu fördern. Durch die ketogene Ernährung soll der Energiestoffwechsel umgestellt werden. Kohlenhydrate werden zu Glukose verstoffwechselt, welche sich als Glykogen im Körper ablagern.

Eine Physiotherapie wirkt sich unterstützend auf die Beweglichkeit aus und hilft den Patientinnen, ihre Muskelkraft zu erhalten oder zu verbessern, was wiederum die Durchblutung fördert und die lymphatische Drainage unterstützt. Auch Schmerzen können reduziert werden. Ein individuell abgestimmter Übungsplan ist hierbei ausschlaggebend und kann von Techniken wie sanfte Massage, Wärme- oder Kältetherapie über spezielle Entspannungsübungen bis hin zu Bewegungstherapie reichen.

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