Todesfälle in Thermen: Ursachen und Prävention von Kohlenmonoxidvergiftungen

Kohlenmonoxidvergiftungen sind eine ernstzunehmende Gefahr, die insbesondere in geschlossenen Räumen wie Thermen auftreten kann. Kohlenmonoxid (CO) ist ein geruchloses und unsichtbares Gas, das bei unvollständiger Verbrennung organischer Materialien entsteht. Es kann zu schweren gesundheitlichen Schäden und im schlimmsten Fall zum Tod führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Kohlenmonoxidvergiftungen und gibt Hinweise zur Vorbeugung.

Was ist Kohlenmonoxid?

Kohlenmonoxid (CO) ist ein geruchs- und geschmackloses Gas, das die Schleimhäute des Mund-Nasen-Rachenraums oder der Augen nicht reizt. Deshalb kann man es nur sehr schwer ohne technische Hilfsmittel erkennen.

CO bildet sich als Nebenprodukt unvollständiger Verbrennungsprozesse organischer Materialien jeder Art: So entstehen CO-haltige Rauchgase bei einem Brandunfall ebenso wie beim kontrollierten Verbrennen kohlenstoffhaltiger (fossiler) Energieträger - etwa in Verbrennungsmotoren sowie in Gasöfen und -thermen, aber auch Kraftwerken - um nur einige Beispiele zu nennen.

Ursachen einer Kohlenmonoxidvergiftung

Bei einer Kohlenmonoxidvergiftung atmet der Betroffene größere Mengen des Gases Kohlenmonoxid ein. Das Gas bindet besser an das Transportmolekül Hämoglobin (Hb) der roten Blutkörperchen als Sauerstoff. Darum hemmt es den Sauerstofftransport im gesamten Körper: Die Folge ist eine Sauerstoff-Mangelversorgung (Hypoxie).

Der Grund hierfür liegt im Mechanismus des Sauerstofftransports im Körper. Das Atemgift Kohlenmonoxid gelangt über die Lungenbläschen (Alveolen) schnell in den Blutstrom, indem es an das Sauerstofftransporter-Molekül des Blutes bindet - das Hämoglobin (Hb).

Wie funktioniert der Sauerstofftransport durch Hämoglobin?

Hämoglobin ist ein sogenanntes Metallo-Protein, dessen Struktur durch ein zentrales Eisenatom - umgeben von einem Porphyrin-Ring - gebildet wird. Hämoglobin besitzt dadurch ideale Eigenschaften, um Sauerstoff zu binden.

Sauerstoff wird über das Hämoglobin im Körper transportiert: In der Lunge wird Hämoglobin mit Sauerstoff beladen, über den Blutkreislauf bin in die entlegensten Körperregionen transportiert und dort freigesetzt.

Das Tückische: Kohlenmonoxid besitzt auf molekularer Ebene ähnliche Eigenschaften wie Sauerstoff. Kohlenmonoxid kann nicht nur ebenfalls an Hämoglobin binden, es bindet sogar um den Faktor 200 stärker an „unbesetztes“ Hämoglobin. Dabei bildet sich das sogenannte Carboxy-Hämoglobin (COHb). Dieses kann keinen Sauerstoff mehr transportieren.

Befindet sich Kohlenmonoxid in der Umgebungsluft, treten Sauerstoff und Kohlenmonoxid in Konkurrenz um „freies Hämoglobin“. Kohlenmonoxid verdrängt dabei zunehmend den lebensnotwendigen Sauerstoff aus dem Blutkreislauf. Im Extremfall droht auf diese Weise ein „Ersticken von Innen“, da der Körper keinen Sauerstoff mehr über die Lunge aufnehmen und von dort im Körper verteilen kann.

Dabei gilt: Je höher die Konzentration von Kohlenmonoxid in der umgebenden Atemluft ist, desto höher ist die Kohlenmonoxid-Aufnahme. Und je mehr Hämoglobin blockiert ist, desto weniger Hämoglobin steht für den Sauerstofftransport zur Verfügung.

Bei einer schweren CO-Vergiftung drohen Bewusstlosigkeit, bleibende Organschäden oder „inneres Ersticken“ und somit der Tod.

Die Sauerstoffmangelversorgung schädigt vorwiegend Gehirn und Herz, also jene Organe mit dem höchsten Sauerstoffbedarf. In einigen Fällen beobachten Ärzte auch verzögerte neurologische Spätfolgen, die sich erst einige Wochen nach der Kohlenmonoxidvergiftung ausbilden.

Kohlenmonoxid - die tödliche Gefahr

Diagnose einer Kohlenmonoxidvergiftung

In der Regel ergibt sich der Verdacht auf eine akute Kohlenmonoxidvergiftung aus der Situation: Finden Rettungskräfte einen Patienten bei einem Brandunfall mit „rosiger Haut“ oder anderen typischen Symptomen wie Schwindel oder Benommenheit auf, liegt der Verdacht auf eine CO-Vergiftung nahe.

Um dies zu prüfen, messen (Not-)Ärzte die Sauerstoffsättigung des Bluts. Dazu verwenden Rettungsdienste standardmässig ein erweitertes Pulsoxymeter - das sogenannte CO-Oxymeter (Multiwellenlängen-Pulsoxymeter).

Dieses wird meist auf einen Finger geklippt. Es kann sowohl die Sauerstoffsättigung als auch den Anteil von COHb messen. Zudem erfassen Ärzte damit die Herzschlagfrequenz (Puls). Allerdings unterliegt die Erfassung von COHb gewissen Messungenauigkeiten. CO-Oxymeter sind daher (nur) geeignet, eine erste Einschätzung über den allgemeinen Gesundheitszustand des Notfall-Patienten abzugeben.

Im Krankenhaus führen Ärzte eine sogenannte Blutgasanalyse (BGA) durch. Dafür nehmen sie eine (arterielle) Blutprobe des Patienten. Die anschliessende Laboruntersuchung liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

Die BGA gilt als „Goldstandard“ - also als sehr genaues und zuverlässiges Untersuchungsverfahren. Der Nachteil dieser Methode ist jedoch, dass sie (längere) Zeit in Anspruch nimmt, da die entnommene Blutprobe erst im Labor untersucht werden kann.

Zudem können bei neurologischen Auffälligkeiten bildgebende Verfahren hinzugezogen werden - etwa eine Magnetresonanztomografie (MRT), eine Computertomografie (CT) sowie eine Elektroenzephalografie (EEG), die die Aktivität des Gehirns vermisst.

Erste Hilfe und Behandlung einer Kohlenmonoxidvergiftung

Bei Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung ist schnelles Handeln nötig! Zuallererst muss die CO-Zufuhr unterbrochen werden. Das bedeutet, man entfernt den Betroffenen von der CO-Quelle, beispielsweise dem Brandherd. Rufen Sie dann sofort den Notarzt. Bis dieser eintrifft, sollten Sie Erste Hilfe leisten: Prüfen Sie, ob der Betroffene Vitalzeichen zeigt (Puls und Atmung). Wenn Sie Luftnot bzw. Atemprobleme bemerken, lagern Sie den Oberkörper des Betroffenen höher. Bei normaler Atmung und normalem Puls bringen Sie den Betroffenen in die stabile Seitenlage und beruhigen Sie ihn, bis der Notarzt eintrifft.

Können Sie keine Atmung und keinen Puls feststellen, ist eine Herz- Lungen-Wiederbelebung mit Herzdruckmassage und Atemspende angezeigt.

Ist der Betroffene der CO Zufuhr nicht länger ausgesetzt, dauert es im Schnitt vier bis fünf Stunden, bis das Blut (von selbst) wieder frei von Kohlenmonoxid ist. Durch bestimmte Massnahmen kann der (Not-)arzt diesen Prozess deutlich beschleunigen.

Sauerstofftherapie:

Über eine (gutsitzende) Atemmaske geben Ärzte den Patienten hundertprozentigen Sauerstoff und verringern dadurch die Eliminationshalbwertszeit auf rund 1,5 Stunden.

Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT):

In gravierenden Fällen erwägen Ärzte auch den Einsatz einer hyperbaren Sauerstofftherapie. Dabei werden Patienten - ähnlich zur Behandlung der „Taucherkrankheit“ - in einer Überdruckkammer mit hundertprozentigem Sauerstoff versorgt. Der erhöhte Druck von ungefähr drei Atomsphären (3 Bar) sorgt dafür, dass das Blut bereits nach rund 20 bis 30 Minuten vom Kohlenmonoxid befreit werden kann.

In einer vielbeachteten Studie der Universität Pittsburgh gelang es Forschern, einen experimentellen Arzneimittelkandidaten gegen eine Kohlenmonoxidvergiftung zu entwickeln, der per Infusion verabreicht werden könnte. Dabei handelt es sich um ein künstliches Protein, das eine extrem hohe Affinität für Kohlenmonoxid besitzt. Das im Entwicklungsstadium „Ngb-H64Q-CCC“ genannte (Hämoglobin-imitierende) Protein ist in der Lage als „Kohlenmonoxid-Fänger“ zu wirken (Antidot). Es entzieht Carboxy-Hämoglobin das Kohlenmonoxid und „entgiftet“ auf diese Weise in kurzer Zeit das Blut. Dieser Ansatz könnte möglicherweise eine vielversprechende neue Behandlungsoption für Kohlenmonoxidvergiftungen darstellen.

Kohlenmonoxidvergiftung: Wann zum Arzt?

Eine Kohlenmonoxidvergiftung kann sehr gefährlich sein und schnell lebensbedrohlich verlaufen. Bei einem Brandunfall müssen Sie schnellstens aus der Gefahrenzone. Eine Kohlenmonoxidvergiftung kann bereits nach wenigen Minuten lebensbedrohliche Gesundheitszustände auslösen.

Messen Rettungskräfte hohe COHb-Werte ab etwa 40 Prozent im Blut, erfolgt die Behandlung in der Regel im Krankenhaus. Dies gilt auch für Patienten mit leichteren Kohlenmonoxidvergiftungen, die an neurologischen Vorbelastungen oder Vorerkrankungen des Herzens leiden. Personen mit leichten CO-Vergiftungen hingegen, müssen nicht (immer) zwingend im Krankenhaus behandelt werden - sofern sie weitestgehend symptomfrei sind.

Welche Menge an Kohlenmonoxid ist akut schädlich?

Wir sind im Alltag kontinuierlich kleinen Mengen Kohlenmonoxid ausgesetzt. Diese stammen meist aus dem Strassenverkehr, von Heizungen oder anderen (Verbrennungs-)Quellen in der Umgebung. Diese geringen Mengen haben jedoch meist keine akuten gesundheitlichen Konsequenzen.

Das Umweltbundesamt gibt einen 8-Stunden-Mittelwert von maximal 10 mg/m3 als unbedenklich an. Zum Vergleich bewegt sich die „normale Kohlenmonoxid-Belastung“ im Jahresmittel in einem Bereich von 0,13 bis ungefähr 0,41 mg/m3 - je nach Wohn- und Messort (Stand: 2020).

Eine moderate Belastung bis zu einem Wert von 120 mg/m3 über mehrere Stunden kann jedoch bereits erste körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen hervorrufen. Von einer hohen CO-Belastung spricht man, wenn sich die Werte um 350 mg/m3 bewegen. Bereits nach kurzer Zeit treten dann Schwindel, Übelkeit und Ermüdung auf.

Werte jenseits von 460 mg/m3 gelten als gefährlich. Beachten Sie: Der Körper kann über die Lunge in kurzer Zeit grosse Mengen an CO aufnehmen. Daher können lebensbedrohliche Mengen an Kohlenmonoxid bei extremer Exposition - etwa bei einem Brandunfall - bereits nach wenigen Minuten überschritten werden. Unter solchen Bedingungen drohen Bewusstlosigkeit, bleibende Organschäden oder sogar Tod.

Leiden Sie an bestimmten Vorerkrankungen - etwa einer eingeschränkten Lungenfunktion - können Ihnen bereits niedrigere Werte gefährlich werden.

Wie gefährlich ist eine chronische Kohlenmonoxid-Belastung?

Welche Auswirkungen eine dauerhafte niederschwellige Kohlenmonoxid-Belastung für den Körper haben kann, ist derzeit noch nicht abschliessend geklärt.

Es mehren sich Hinweise, dass eine chronische (leichte) Kohlenmonoxidvergiftung zunächst die allgemeine Leistungsfähigkeit vermindert. Unter Umständen entwickeln sich weitere neurologische Folgen - so wird unter anderem eine erhöhte Gefahr für ein Parkinson-ähnliches Syndrom diskutiert.

Auch könnten sich weitere Spätfolgen einer chronischen Kohlenmonoxid-Belastung einstellen - etwa gestörte Sinneswahrnehmungen, Gleichgewichtsverlust, Demenz oder gestörte Funktionen der peripheren Nerven (Neuropathie). Systematische Untersuchungen hierzu an grossen Patientenkollektiven stehen jedoch aus.

Wie beugt man einer Kohlenmonoxidvergiftung vor?

Vermeiden Sie generell offene Feuerquellen in geschlossenen Räumen, Wohnungen und Häusern. Kamine, Gasöfen, Gasherde, Gasheizungen und Gasthermen müssen korrekt installiert und jährlich gewartet werden, um eine ordnungsgemässe Verbrennung und eine sichere Ableitung von Abgasen zu gewährleisten.

Anders als der Einsatz von Rauchmeldern, sind CO-Melder (Kohlenmonoxid-Detektoren) für Innenräume nicht verpflichtend. Sie reduzieren aber das Risiko einer CO-Vergiftung.

Vermeiden Sie den Einsatz von (mobilen) Gaskochern in Innenräumen und lassen Sie niemals den Motor eines Autos oder andere benzinbetriebene Geräte (Rasenmäher, Schneeschleudern, Kettensägen, Generatoren) in der Garage (längere Zeit) laufen, da sich Abgase in geschlossenen Räumen schnell ansammeln.

Kohlenmonoxid ist geringfügig leichter als Luftsauerstoff - es verteilt sich daher sehr schnell und gleichmässig im Raum. Kohlenmonoxid kann auch entfernt von der eigentlichen Gefahrenquelle auftreten, da das Gas durch einen Grossteil gängiger Baustoffe sowie durch Mauern wandern kann.

Tabelle: Kohlenmonoxid-Konzentration und Auswirkungen

Konzentration (mg/m3) Auswirkungen
Bis 10 Unbedenklich (8-Stunden-Mittelwert)
Bis 120 Kopfschmerzen möglich
350 Schwindel, Übelkeit, Ermüdung
Über 460 Gefährlich, Bewusstlosigkeit, Tod möglich

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