Michael Schumacher und die Formel 1 in Spa-Francorchamps: Eine legendäre Verbindung

Die Strecke von Spa-Francorchamps ist eng mit dem Namen Michael Schumacher verbunden. Nicht nur feierte er hier viele seiner grössten Erfolge, sondern auch sein Formel-1-Debüt fand auf dieser anspruchsvollen Strecke statt. Dieser Artikel beleuchtet die Geschichte von Michael Schumacher in Spa, von seinen Anfängen bis zu seinen zahlreichen Siegen.

Das Debüt in Spa 1991

Das Formel-1-Debüt von Michael Schumacher jährte sich zum 25. Mal. Für den Motorsport begann damals eine neue Zeitrechnung. Wie das so ist mit dem Beginn von ganz grossen Sportlerkarrieren: Später wollen es immer alle gewusst haben. Viele Berater gibt es, die alle für sich reklamieren, die erfolgreichste Karriere in der Königsklasse in die Gänge gebracht zu haben.

Aber auch der Einstieg des späteren Rekordweltmeisters verläuft wie oft im Motorsport: als Bezahlfahrer. Der irische Jordan-Rennstall benötigt vor dem GP von Belgien 1991 einen Ersatzfahrer, weil der Stammfahrer Bertrand Gachot wegen einer Reizgas-Attacke auf einen Taxifahrer in London im Gefängnis sitzt. 150 000 britische Pfund soll Schumacher die einmalige Chance kosten. Das Glück des 22-Jährigen ist es, dass er zum Junioren-Team von Mercedes zählt. Der deutsche Automobilkonzern bürgt, aber das Geld kommt aus der Schweiz. Die Transaktion läuft über den Rennstall von Peter Sauber.

Schumachers damaliger Manager Wilhelm Weber steuert eine Notlüge bei, als Jordan wissen will, ob der deutsche Rennfahrer schon mal auf der Strecke von Spa-Francorchamps gefahren sei, die als eine der anspruchsvollsten gilt. «Klar», antwortet Weber. Die Wahrheit ist, dass Schumacher erst am Tag vor dem ersten Training mit einem Mountainbike die sieben Kilometer abfährt. Als er dann zum ersten Mal in einem Formel-1-Rennwagen sitzt, fährt er in die Top Ten - mit mässigem Material. Im Medienzentrum und in den Boxen rumort es: Wer denn dieser «Shoemaker» überhaupt sei?

«Für die Rennsportwelt hat damals eine neue Zeitrechnung begonnen», sagt der Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Vor Schumacher war Deutschland nicht unbedingt eine Formel-1-Nation. Dazu kamen vier Konstrukteurstitel für Mercedes. «Schumacher wurde in der Folge zum Leitstern mehrerer Motorsport-Generationen, und all das hat seinen Ursprung in dieser Premiere», sagt Haug.

Vor einem Vierteljahrhundert kann Schumacher das vielleicht grösste seiner vielen Talente zum ersten Mal auf grosser Bühne zeigen: die Fähigkeit, sich blitzartig neuen Gegebenheiten anzupassen - und dann konstant schnell zu sein. Er kann sich das in jungen Jahren nicht richtig erklären: «Ich kann auf mir unbekannten Strecken deshalb so schnell sein, weil mir das irgendwie im Blut liegt. Ich muss mich nicht lange an ein Auto gewöhnen, sondern kann mich gleich hineinsetzen und am Limit fahren.» Schon beim ersten Auftritt beeindruckt er mit Zielstrebigkeit und Konsequenz, vertieft sich in die Gespräche mit Ingenieuren und Mechanikern. Für Smalltalk ist er nicht zu begeistern, für das Set-up sehr wohl. Dabei hat er von einem Asien-Flug eine starke Erkältung mitgebracht. Aber Härte gehört auch zu seinem Naturell - bis hin zur Rücksichtslosigkeit gegen sich selber.

Die Qualifikation beendet Schumacher als Achter, daraus wird schliesslich der siebente Startplatz. Auch wenn sich sonntags spontan ein paar tausend Fans auf den Weg über die Grenze machen, begreift die Autobahn-Nation Deutschland nicht richtig, was für eine Karriere da gerade ihren Anfang nimmt. Schumacher wird den Motorsport erst wieder hoffähig machen. Er wird, ähnlich wie es Boris Becker im Tennis gelungen ist, eine Massenhysterie auslösen, Sponsoren, Fans und Autohersteller anziehen.

Das Rennen und der frühe Ausfall

Beim Start zum Rennen 1991 überholt Schumacher gleich zwei Konkurrenten. Als es aber richtig losgehen kann, ist der Spass bald vorbei, die Kupplung des Jordan-Ford verraucht nach 700 Metern. Zu diesem Zeitpunkt hat der Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone mit Blick auf neue Absatzmärkte schon beschlossen, dass er den Deutschen unbedingt in seiner Manege halten muss.

Michael Schumacher fällt in seinem ersten Formel-1-Rennen mit Kupplungsschaden aus.

Sein erstes Formel-1-Abenteuer in Spa ist gleichzeitig sein letzter GP im Jordan. Beim zweiten Grand Prix fährt der Wunderknabe bereits für Benetton. Mit Hilfe von Bernie Ecclestone, der den deutschen Formel-1-Markt stärken will, wird Schumacher in einer Nacht- und Nebelaktion vom kleinen Jordan-Rennstall zu Benetton transferiert. Beim angehenden Top-Team waren nicht nur seine Einkünfte besser, sondern auch seine sportlichen Aussichten.

«Zu Benetton zu gehen, war eine grosse Chance für die Zukunft», sagt Schumacher später dazu. «Obwohl es nicht gerade angenehm war, nach gerade mal 550 Metern mit einem Team, das dir die Möglichkeit zum Einstieg gegeben hatte, sofort zu wechseln. Aber damals war es das, was ich machen musste.»

Erfolge in Spa-Francorchamps

Die Strecke von Spa-Francorchamps mit ihrem eigenwilligen Charakter ist nicht ganz zufällig immer die Lieblingsstrecke Schumachers geblieben. Mit Romantik hat das aber wenig zu tun. «Dass, was bei ihm am meisten eine Rolle spielte, der Spass am Rennfahren, hat sich dort gebündelt», sagt seine Managerin Sabine Kehm. Ein Jahr nach dem Debüt gewinnt er hier erstmals ein Formel-1-Rennen, 2004 sichert er sich hier vorzeitig seinen siebenten Weltmeistertitel, 2012 erlebt er hier seinen 300. Start in der Formel 1. Für Jean Todt, den Präsidenten des Automobilweltverbandes FIA, ist das wenig überraschend: «Spa ist eine Rennstrecke, auf der das Talent eines Fahrers wirklich einen Unterschied macht. Daher ist es logisch, dass Michael dort besonders stark war.»

Michael Schumacher in Spa

Michael Schumacher gewann insgesamt sechs Mal den GP von Belgien in Spa-Francorchamps. Hier eine Übersicht seiner Siege:

Jahr Team
1992 Benetton
1995 Benetton
1996 Ferrari
1997 Ferrari
2001 Ferrari
2002 Ferrari

Schumachers Einfluss auf die Formel 1 in Deutschland

Michael Schumacher hat dann am 13. November 1994 selbst Sportgeschichte geschrieben, als er als erster Deutscher Weltmeister in der Formel 1 wurde. Die Marke Schumi war erfunden; innerhalb von drei Jahrzehnten ist der zuvor eher belächelte Motorsport flächendeckend hoffähig geworden.

Nach Schumachers sieben Titeln, seinem Rücktritt, seinem bescheiden verlaufenen Comeback und seinem schweren Skiunfall vor zehn Jahren hält sich das Interesse. Aber nach den Boom-Zeiten folgte ein bis heute andauernder Abschwung. Toto Wolff, der österreichische Teamchef des Mercedes-Rennstalls, drückt es so aus: «Deutschland hat den Schumacher-Kater.»

Tatsächlich handelt es sich um ein schweres Vermächtnis. Von bis zu sieben deutschen Fahrern, die im Grand-Prix-Jahr 2010 zeitgleich in der Formel 1 fuhren, ist nur noch einer übriggeblieben: Nico Hülkenberg, der künftig für das Sauber-Team antritt. Der mittlerweile 35-Jährige war einst von Schumacher und dessen Manager Willi Weber sogar als Nachfolger auserkoren worden.

Die Tatsache, dass nach fast 70 Auflagen kein Grand Prix von Deutschland mehr im Formel-1-Kalender steht, unterstreicht das Dilemma: Es mag Geld da sein, selbst in einer mehr und mehr gebeutelten Automobilindustrie, aber eben nicht genug für grosse Projekte. Der weltweite Formel-1-Boom fährt hingegen an der Autobahnnation vorbei.

Den Deutschen fehlen frische Vorbilder, in der breiten Masse fehlt es an emotionaler Bindung. Auch wegen mangelnder Präsenz. Die Königsklasse dümpelt im Bezahlfernsehen mit sechsstelligen Zuschauerzahlen dahin, RTL überträgt nur gelegentlich Live-Rennen.

Trotzdem wäre die grösste Volkswirtschaft Europas natürlich auch für den Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali und den Serienbetreiber Liberty Media ein willkommener Ort, Geschäfte zu machen. Allein die Formulierung, ein deutscher Grand Prix müsse sich für beide Seiten lohnen, deutet auf einen erhöhten Kapitaleinsatz hin. Tradition kann das längst nicht mehr aufwiegen.

Unvergessene Momente

Die Formel 1 wird am Wochenende 1000 Rennen alt. Was für ein Husarenstück, welches Michael Schumacher 1995 in Belgien gelang. Von Rang 16 ging der Deutsche ins Rennen, von wo aus er eine sagenhafte Aufholjagd lancierte. Als es zu regnen begann, blieb «Schumi» auf den Slicks. Am Ende wurde sein Mut belohnt: Er setzte sich nach einem unglaublichen Rennen vor Damon Hill durch.

David Coulthard rutschte nach dem Start im Aquaplaning von Spa 1998 aus - und löste eine Kettenreaktion und damit die Mutter alles Massenkarambolagen aus. 13 Boliden waren nach dem grössten Crash der Formel-1-Geschichte reif für die Müllhalde. Weil Michael Schumacher beim Überrunden in den langsamen David Coulthard krachte, gewann Damon Hill vor Michaels Bruder Ralf.

Auch heute noch ist die Erinnerung an Michael Schumacher in Spa-Francorchamps lebendig. Seine Erfolge und sein Einfluss auf den Motorsport sind unvergessen. Die Strecke bleibt ein besonderer Ort für ihn und seine Fans.

Hakkinen Surprises Schumacher With Double Overtake! | All The Angles | 2000 Belgian Grand Prix

tags: #formel #1 #spa #schumacher #geschichte

Populäre Artikel: